Der Plan

Ich bin nicht besonders gut im Pläne zeichnen. Besonders mit den Proportionen haut es gar nicht hin. Aber wenn jemand etwas geschmückt haben möchte, dann beginnen in meinem Kopf die Zahnrädchen zu rattern und es entstehen Dinge, die ich deutlich vor mir sehe und nur schwer zu Papier bringen kann.

Wie aber soll man einem Kunden erklären, was man vorhat, wenn man es zwar bildlich beschreiben aber nicht aufzeichnen kann? Und meistens kommen diese Bilder auch noch kurz vorm Einschlafen, dann muss es schnell gehen, bevor am Ende alles vergessen und zerträumt ist!

Als gestern jemand von Tierkrallen und Schnäbeln erzählte, die eventuell auf einem Kraftstab befestigt werden sollten, mit irgendwas in Gold, da war schnell klar, dass das so nicht funktioniert. Ungeschützte Klosterarbeiten zum mitnehmen in den Wald und an der freien Luft, zerquetschbar, das geht nicht.

Aber ich tüftelte eine Weile dran rum und dann dachte ich mir, wer einen Kraftstab besitzt, der hat auch einen Altar für den schamanischen Schnickschnack. Und wer einen Altar hat, der kann einen Reliquienschrein aufstellen. Und sofort sah ich die Krallen und Knochenteile und Schnäbel hinter Glas mit rotem Samt, geschmückt mit goldenen Blüten und Schleifen und güldenem Rahmen.

Vor einiger Zeit hatte ich alte Blechdosen geschenkt bekommen und dann sind mir die kleinen Reise-Altäre in den Sinn gekommen. Und wenn die Schnäbelchen und Krallen nun doch in den Wald wollen? Naja, dann macht man den Deckel der Blechdose zu und nimmt sie mit in den Wald.

Genial.

Ich habe also einen Plan gezeichnet und der Kundin geschickt, ein Höchstpreis wurde ausgemacht und noch einiges besprochen und jetzt schickt sie mir die Schätze, die ich darin befestigen soll.

Die Dose wird mit rotem Samt ausgekleidet und mit Borten verziert, die Schnäbel und Krallen darin befestigt und mit Blüten und Blättern in Gold geschmückt, den Deckel der Dose werden antike Gebetsbuchseiten an der Innenseite zieren und vielleicht finde ich noch wo ein Bildchen vom heiligen Franziskus für aussen, wenn die Kundin damit einverstanden ist.

Und so haben sich wieder einmal Klosterarbeit und Schamanismus miteinander verbunden, und alle sind glücklich.

Ich freue mich sehr auf diesen Auftrag und bin dankbar für das Vetrtrauen, das mir meine Kundin entgegenbringt.